"Hoffentlich beherrscht Ihre künftige Familie diese Kunst auch so gut wie Sie", erwiderte Aurora im sachlichen Tonfall und lächelte dann wieder leicht. Hatte der Botschaftersohn doch tatsächlich mal den Ansatz eines Lächelns gezeigt ... "Nur nicht von Vorteil für mich selbst." Zum Glück war sie eigentlich gar nicht so unkreativ, aber das ließ sie eher selten in ihre Artikel einfließen. Entgegen der weitläufigen Meinung schadete man sich als Reporter tatsächlich selbst, wenn die eigenen Artikel zu weit von der Wahrheit abwichen ... oder nicht vom derzeitigen Ministerium unterstützt worden.

"Oh glauben Sie mir, mein zukünftiger Wohnort ist dafür ganz hervorragend gewählt", gab Aiden zurück. Im Drachenreservat hatte ihn schließlich tatsächlich noch kein Reporter gefunden...und das sollte auch schön so bleiben.

"Ihr zukünftiger Wohnort?", fragte Aurora im beiläufigen Tonfall nach und lächelte den Botschaftersohn weiterhin freundlich an. Er wusste also schon, wo er nach der Schule hingehen würde. Aurora rechnete nach. Der Gryffindor musste in der sechsten oder siebten Klasse sein, sehr wahrscheinlich eher in der siebten, und damit tatsächlich schon in seinem Abschlussjahr.

"Ja, mein zukünftiger Wohnort steht bereits fest", wiederholte Aiden nur und tat ihr nicht den Gefallen, darauf anzuspringen. Er wusste, warum es nicht bekannt war, wo er arbeitete.

"Muss ich mich durch die ganze Schülerschaft fragen, um zu erfahren, wo das sein wird?", fragte Aurora mit einem kleinen Seufzen, das gespielt resigniert klang. "Ich meine, die Zeit hätte ich, der Aufwand scheint nur etwas übertrieben ..." Aber vielleicht wäre der Gryffindor kooperativer, wenn er sich Sorgen machen müsste, dass sie jeden Moment auf der Schwelle seines Hauses stehen könnte.

"Viel Glück dabei", erwiderte Aiden trocken. "Auch, wenn der Aufwand in der Tat übertrieben ist, immerhin bin ich nicht der Sohn des Zaubereiministers", benutzte er ihre eigenen Worte.

"Tja, an irgendetwas muss ich meine Energien ja verschwenden und während ich durchs Schloss laufe und Professor Darver suche, habe ich so eine schöne Nebenbeschäftigung, finden Sie nicht auch? Diese Häusereinteilung könnte in diesem Fall ganz hilfreich sein. Ich muss vermutlich hauptsächlich Gryffindors oder gleichaltrige Mitschüler nach ihnen fragen, also die oberen Jahrgänge." Aurora lächelte möglichst unschuldig. Ein wenig Spaß hatte sie an dieser Sache schon ...

"Klingt nach einer sehr netten Nebenbeschäftigung. Allerdings würde ich mich an Ihrer Stelle nicht wirklich auf die Hilfe meines Alters oder der Häuserverteilung verlassen", konterte er und lehnte sich zurück. Sollte sie es herausfinden, konnte man immer noch einen Drachen für ihr Interview als Partner anbieten.

"Oh, bisher waren die Schüler immer sehr auskunftsfreudig!", erwiderte Aurora lächelnd. "Und ich glaube kaum, dass Sie mit ... Zweitklässlern aus Hufflepuff befreundet sind, oder irre ich mich da?" Vermutlich würde sie die Frage sowieso nicht beantwortet bekommen, aber einen Versuch war es immerhin wert.

"Dann bin ich gerade vermutlich ein erstaunlich abschreckendes Beispiel, nicht wahr? So vollkommen nicht auskunftsfreudig." Dann dachte er einen Augenblick nach. "Nein, ein Zweitklässler aus Hufflepuff fällt mir gerade tatsächlich nicht ein." Nur eine Sechst- und eine Siebtklässlerin und ein Fünftklässler

"Ich nenne es diplomatisch eine Herausforderung", erwiderte Aurora amüsiert. "Und Reporter sollten Herausforderungen besser mögen, sonst sind sie in ihrem Beruf falsch." Dann setzte sie ihr übliches, freundliches Lächeln wieder auf. "Na wunderbar, schonmal keine Zwerge aus Hufflepuff, die ich nach Ihnen fragen muss!"

Ein Lächeln zupfte erneut an seinem Mundwinkel. "Dann wünsche ich Ihnen erst recht viel Glück. Und warum interessiert Sie mein zukünftiger Wohnort überhaupt? Sie werden weiterhin kaum Interviews von mir kriegen und ich halte mich vom öffentlichen Leben nach Möglichkeit fern." Interessiert musterte er sie und wartete auf die Antwort.

Aurora zuckte mit den Schultern und entschied sich, für eine diplomatische Umschreibung. "Ich weiß gern soviel wie möglich über die Menschen, Mr O'Dolivan. Schließlich kann ich nie wissen, wann bestimmtes Wissen für mich einmal nützlich werden könnte. Wissen ist Macht, besonders für jemanden in meiner Branche."

Die Zeichen von Erheiterung verschwanden, als wären sie nie in seinem Gesicht gewesen. "Aber was bringt es Ihnen schon, etwas über mich zu wissen, wenn Sie es doch kaum gegen mich verwenden können? Ich gebe kaum einen interessanten Artikel ab", entgegnete er hart.

Aurora fiel der plötzliche Umschwung in der Stimmung des Schülers auf und sie seufzte innerlich. Wunderbar, das nächste Mal sollte sie sich vermutlich noch ein wenig mehr zurückhalten. "Es geht nicht immer darum, Dinge gegen jemanden zu verwenden, Mr O'Dolivan. Wie Sie soeben selbst festgestellt haben ... Ihr Wohnort wird kaum Auslöser eines Skandals sein."

"Was das Interesse an ihm dann wieder schleierhaft macht. Oder auch an mir im Allgemeinen, ist es doch mein Bruder, der als Sohn des irischen Botschafters mehr im Rampenlicht steht und definitiv interessanter ist", entgegnete Aiden leicht misstrauisch.

"Informationen können für mich auch nützlich sein, wenn ich keinen Skandal auslösen will. Sie können zum Beispiel einfach helfen, bestimmte Zusammenhänge zu verstehen oder die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen", erklärte Aurora und betrachtete einen Moment eingehend ihre lackierten Nägel, ehe sie ihren Blick wieder auf den Gryffindor richtete. "Nehmen wir an, Ihr Vater steht gerade wegen eines wichtigen Ereignisses im Rampenlicht und verschwindet für ein paar Tage aus dem Land. Die meisten Reporter wissen nicht warum. Ist es wegen eines anderen Treffens oder eher privat? Gibt es irgendwelche Verhandlungen, die noch geheim gehalten werden sollen oder ..." An dieser Stelle lächelte sie vielsagend. "Besucht er vielleicht einfach nur einen seiner Söhne?"

Er hörte der Erklärung aufmerksam zu und bemühte sich, am Ende nicht spöttisch zu schnauben. "Seien Sie ganz beruhigt: Wenn mein Vater aus dem Land verschwindet, wird er nicht den Wohnort eines seiner Söhne aufsuchen, sondern tatsächlich geschäftlich verreisen oder umziehen. Das ist eine Eigenart von ihm."

Aurora legte den Kopf leicht schief und versuchte, sich nicht zu sehr entmutigen zu lassen. Der Junge war bekannt dafür, kein williger Gesprächspartner zu sein, also einfach nicht unterkriegen lassen. Außerdem hatte seine Bemerkung immerhin viel darüber verraten, was er von seinem Vater hielt ... nicht als Botschafter, sondern als private Person. Aber dazu sagte Aurora vorerst nichts. "Das war nur Beispiel. Wer weiß, vielleicht könnte mir eine solche Information auch an einer anderen Stelle zugute kommen."

Sie wäre nicht die erste Reporterin, die sich an ihm die Zähne aus biss. "Glaube ich weniger", gab er seine Meinung kund und lehnte sich zurück, wartete auf weitere Fragen oder Bemerkungen. "Oder haben Sie noch bessere Beispiele?"